Superblocks in Frankfurt: Mehr Lebensqualität durch weniger Verkehr

Superblocks Frankfurt

Frankfurt am Main plant die Einführung von drei sogenannten Superblocks, um den Verkehr in Wohngebieten zu reduzieren und die Lebensqualität zu steigern. Dieses innovative Konzept der Stadtplanung, das ursprünglich aus Barcelona stammt, zielt darauf ab, innerstädtische Quartiere für Fußgänger und Radfahrer sicherer und attraktiver zu machen. Auch für die Gastronomie und den Einzelhandel in diesen Vierteln könnte diese Entwicklung neue Chancen bieten.

Was sind Superblocks?

Ein Superblock ist ein städtisches Gebiet, das sich über mehrere Häuserblocks oder Wohnquartiere erstreckt. Innerhalb eines Superblocks wird der Durchgangsverkehr für Autos weitgehend unterbunden und auf umliegende Hauptstraßen umgeleitet. Anwohner, Lieferverkehr und Rettungsdienste dürfen weiterhin einfahren, jedoch nur mit stark reduzierter Geschwindigkeit von maximal 10-20 km/h.

Durch diese Neuorganisation des Verkehrs entstehen vielfältige Möglichkeiten, den gewonnenen Straßenraum umzugestalten und aufzuwerten. Parkplätze können zu Grünflächen, Begegnungszonen und Spielplätzen umgewandelt werden. Die Aufenthaltsqualität steigt, während Lärm- und Abgasbelastung sinken. Fuß- und Radverkehr erhalten Priorität und mehr Platz.

Standorte und Umsetzung in Frankfurt

Die Stadtverordnetenversammlung hat im Februar 2024 beschlossen, drei Superblocks in Frankfurt einzurichten. Als erste Standorte sind Quartiere in Bockenheim und im Nordend-West im Gespräch, die bereits verkehrsberuhigte Zonen aufweisen, welche durch das Konzept ergänzt werden können. Ein dritter Standort steht noch nicht fest, aber der Ortsbereit von Bornheim hat bereits Interesse bekundet.

Für die Planung und Bürgerbeteiligung wurden im Haushalt 2023 bereits 200.000 Euro bereitgestellt. Die eigentliche Umsetzung soll ab Sommer 2024 beginnen, sobald ausreichend personelle Ressourcen vorhanden sind. Dabei sollen zunächst mit reversiblen Maßnahmen wie Begrünung in Pflanzkübeln und Stadtmöblierung Veränderungen sichtbar gemacht werden, bevor der Straßenraum langfristig baulich angepasst wird.

Chancen für Gastronomie und Einzelhandel

Die Einrichtung von Superblocks bietet auch Potenziale für ansässige Restaurants, Cafés und Geschäfte. Studien aus Barcelona zeigen, dass die Zahl der Läden in Superblocks um 30% gestiegen ist. Mehr Fußgänger bedeuten mehr potenzielle Laufkundschaft. Zudem können gastronomische Betriebe die neu geschaffenen autofreien Flächen für zusätzliche Außenbestuhlung nutzen und so ihre Kapazitäten erweitern.

Entscheidend ist, dass bei der Planung die Interessen des Gewerbes frühzeitig berücksichtigt werden. Dazu gehört etwa, dass Lieferverkehr und Erreichbarkeit für Gäste weiterhin gewährleistet bleiben. Parkplätze für Anwohner und Besucher sollten in Quartiersgaragen oder angrenzenden Straßen in ausreichender Zahl vorhanden sein.

Wenn es gelingt, die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum zu steigern und zugleich die Anliegen der Gewerbetreibenden einzubeziehen, können Superblocks auch zu einer Stärkung der lokalen Ökonomie beitragen. Gerade für kleine inhabergeführte Betriebe, die auf Laufkundschaft angewiesen sind, eröffnen sich hier Chancen.

Erfahrungen aus anderen Städten

Barcelona als Vorreiter

Barcelona gilt als Pionier der Superblocks. Seit 1993 wurden dort schrittweise Superblocks eingerichtet, mittlerweile existieren sechs davon. Evaluationen zeigen überwiegend positive Effekte: Der Fußverkehr nahm um 10% zu, der Radverkehr um 30%, während der Autoverkehr um 26% zurückging. Auch Luftqualität und Lärmbelastung haben sich verbessert.

Befürchtungen, der lokale Einzelhandel könnte unter den Veränderungen leiden, haben sich nicht bestätigt. Im Gegenteil stieg die Zahl der Geschäfte sogar. Die Lebenserwartung der Bewohner in Superblocks hat sich laut einer Studie um fast 200 Tage erhöht.

Vitoria-Gasteiz in Spanien

Die Hauptstadt des Baskenlandes, Vitoria-Gasteiz, hat 2009 damit begonnen, Superblocks einzurichten. Mittlerweile gibt es dort 17 solcher Gebiete, 48 weitere sind geplant. Auch hier zeigen Messungen eine deutliche Verbesserung der Luftqualität und einen Rückgang des Autoverkehrs.

Vitoria-Gasteiz wurde für seine nachhaltige Verkehrsplanung 2012 mit dem European Green Capital Award ausgezeichnet. Das Superblock-Konzept wurde von der UN-Habitat als Best Practice eingestuft.

Wien testet „Supergrätzl“

In Wien wurde von 2022 bis 2023 im Rahmen eines Sondierungsprojekts ein „Supergrätzl“ als Pilotprojekt erprobt. Umfragen ergaben eine hohe Akzeptanz bei der Bevölkerung. Insbesondere Frauen bewerteten die Aufwertung des öffentlichen Raums positiv.

Wichtige Erfolgsfaktoren waren die frühzeitige Einbindung der Anwohner, temporäre Interventionen zum Testen der Veränderungen und eine schrittweise Umsetzung. Auch in Wien zeigte sich, dass eine enge Abstimmung mit dem lokalen Gewerbe entscheidend ist.

Hamburger Versuch überzeugt

Im Hamburger Stadtteil Ottensen fand 2019 das Pilotprojekt „Ottensen macht Platz“ statt, bei dem verkehrsberuhigte Zonen eingerichtet wurden. Eine Evaluation der TU Hamburg ergab, dass die Lebensqualität und das Sicherheitsgefühl der Anwohner gestiegen sind. Auch die Bedingungen für Fuß- und Radverkehr verbesserten sich, der Verkehrslärm nahm ab.

Befürchtete negative Folgen wie Umsatzeinbußen im Einzelhandel oder eine Zunahme nächtlicher Ruhestörungen sind nicht eingetreten. Entscheidend war auch hier die Partizipation der Anwohner und des Gewerbes von Beginn an.

Fazit

Das Konzept der Superblocks bietet große Chancen, die Lebensqualität und Aufenthaltsqualität in Frankfurter Stadtvierteln zu verbessern. Die Erfahrungen aus anderen europäischen Städten zeigen, dass eine umsichtige Planung und Einbindung aller Beteiligten der Schlüssel zum Erfolg sind.

Gerade für Gastronomie und Einzelhandel ergeben sich durch die Verkehrsberuhigung und Aufwertung des öffentlichen Raums auch ökonomische Potenziale. Mehr Fußgänger und Verweildauer können sich positiv auf die Geschäfte auswirken.

Entscheidend ist, dass bei der Umsetzung die Interessen der Gewerbetreibenden von Anfang an berücksichtigt werden. Dazu gehören praktikable Lösungen für Lieferverkehr, Erreichbarkeit und Parkplätze ebenso wie die Möglichkeit, Außenflächen gastronomisch zu nutzen.

Wenn es gelingt, hier einen Interessenausgleich zu finden und zugleich mutig neue Wege in der Verkehrs- und Stadtplanung zu gehen, können die Superblocks ein Gewinn für Frankfurt und seine Bewohner sein. Die geplante wissenschaftliche Begleitung und Bürgerbeteiligung sind dabei wichtige Bausteine.

Für die Gastronomie und den Einzelhandel in den betroffenen Vierteln bietet sich die Chance, aktiv die Gestaltung lebenswerter Quartiere mitzuprägen und davon auch wirtschaftlich zu profitieren. Es bleibt spannend, die weitere Entwicklung der Frankfurter Superblocks zu verfolgen.