Jeden Tag landen in Deutschland Lebensmittel im Wert von über 50 Millionen Euro im Müll. Diese alarmierende Zahl zeigt deutlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Sowohl auf kommunaler Ebene als auch durch private Initiativen gibt es in Frankfurt bereits vielfältige Bemühungen, der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken. Dieser Artikel gibt einen Überblick über aktuelle Maßnahmen und Akteure in Frankfurt, die sich für die Lebensmittelrettung einsetzen.
Lebensmittelrettung durch Supermärkte
Ein Großteil der verschwendeten Lebensmittel in Deutschland fällt bei Supermärkten und Discountern an. Lebensmittel mit kleinen Schönheitsfehlern oder kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) werden häufig aussortiert und weggeworfen, obwohl sie noch einwandfrei genießbar wären.Um dem entgegenzuwirken, arbeiten in Frankfurt bereits zahlreiche Supermarktfilialen mit der Initiative Foodsharing zusammen. Foodsaver holen noch essbare Lebensmittel kurz vor Ladenschluss ab und verteilen sie über Fairteiler und soziale Einrichtungen.
Auch die Supermarktkette Tegut im Rhein-Main-Gebiet kooperiert aktiv mit der Lebensmittelretter-Initiative im Riederwald. Wie der zuständige Marktleiter Justin Dlugosch erklärt, sei es eine bewusste Entscheidung von Tegut, nachhaltig zu handeln und Lebensmittelabfälle zu vermeiden.
Penny engagiert sich ebenfalls aktiv für die Lebensmittelrettung. Der Discounter arbeitet mit Foodsharing zusammen, um noch genießbare Lebensmittel kurz vor Ladenschluss an die Organisation abzugeben. Diese verteilt die Produkte dann über Fairteiler und soziale Einrichtungen.
Zudem hat Penny die Eigenmarke „Naturgut Bio-Helden“ eingeführt, unter der optisch nicht perfektes Obst und Gemüse vermarktet wird. Laut eigener Aussage ist Penny zudem bestrebt, Lebensmittelabfälle durch eine optimierte Warenwirtschaft und bedarfsgerechte Bestellungen zu vermeiden.
Rewe bemüht sich ebenfalls seit Jahren, Food Waste zu reduzieren. Durch automatisierte Bestellsysteme und Prognoseverfahren sollen die Filialen möglichst bedarfsgerecht mit Ware versorgt werden.
Laut Unternehmensangaben können Rewe und Penny mittlerweile durchschnittlich über 98 Prozent ihrer Lebensmittel verkaufen. Nicht verkaufte, aber noch genießbare Lebensmittel werden an die Tafeln gespendet.
Seit 2021 kooperieren ausgewählte Rewe- und Penny-Märkte bei Bedarf auch mit Foodsharing, um noch mehr Lebensmittel zu retten.
Restaurants gegen Lebensmittelverschwendung
Laut einer Studie der Initiative Gastronomie Frankfurt landen jährlich schätzungsweise 1,9 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle in der deutschen Gastronomie im Müll. Auch hier besteht also erhebliches Einsparpotenzial.
Einen smarten Lösungsansatz bietet die App Too Good To Go (TGTG). Teilnehmende Restaurants und Cafés bieten kurz vor Ladenschluss übriggebliebene Lebensmittel zu einem reduzierten Preis an. In Frankfurt machen bereits über 500 Betriebe bei Too Good To Go mit – darunter bekannte Namen wie Starbucks, Dean & David, Nordsee oder das Lucille Kaffeehaus.
Rund um TGTG hat sich eine ganze Community gebildet, einschließlich Tools, die den Benutzer über die Verfügbarkeit der Magic Bags informieren.
Initiativen und Organisationen
In Frankfurt engagieren sich eine Vielzahl von Initiativen und Organisationen für die Lebensmittelrettung:
- Foodsharing Frankfurt: Seit 2014 retten Foodsaver noch genießbare Lebensmittel aus Supermärkten und verteilen sie über Fairteiler und soziale Einrichtungen.
- Lebensmittelretter Riederwald: Diese Initiative sammelt nicht verkäufliche, aber noch verwertbare Lebensmittel aus Supermärkten und teilt sie kostenlos an Bedürftige aus.
- Tafel Frankfurt: Die Frankfurter Tafel sammelt einwandfreie Lebensmittelspenden und verteilt diese an sozial Schwache.
Auch der Ernährungsrat Frankfurt und die Nachhaltigkeits-Initiative Klimagourmet setzen sich für einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln ein.
Technologie und Apps
Neben Too Good To Go gibt es noch weitere Apps und Online-Plattformen, die sich gegen Lebensmittelverschwendung einsetzen:
- Fairteiler: Über diese Plattform können Privatpersonen, Betriebe und Geschäfte noch genießbare Lebensmittel zur Abholung einstellen. In Frankfurt gibt es bereits über 20 solcher Fairteiler.
- Foodsharing.de: Über diese Website organisieren sich Foodsharer und Foodsaver. Private Nutzer können hier Lebensmittel zur Weitergabe anbieten.
Auch Supermarkt-Lieferdienste wie Picnic tragen indirekt zur Reduzierung von Food Waste bei. Durch optimierte Logistik und genaue Nachfrageprognosen fallen bei ihnen deutlich weniger Lebensmittelabfälle an als im stationären Handel.
Dieser Bäckereien in Frankfurt retten Lebensmittel
Bäckereien produzieren täglich große Mengen an Backwaren, von denen am Ende des Tages oft viel übrig bleibt. Statt die überschüssigen Lebensmittel wegzuwerfen, spendet beispielsweise die Bäckereikette Kamps ihre Produkte an die Frankfurter Tafel.
Neben großen Ketten wie Kamps engagieren sich auch viele kleinere Bäckereien in Frankfurt aktiv gegen die Verschwendung von Lebensmitteln.
Die Bäckerei Hauck zum Beispiel, die seit 1970 am Frankfurter Zoo ansässig ist, arbeitet bereits seit Längerem mit der Initiative „Laib und Seele“ zusammen. Jeden Abend werden übriggebliebene Backwaren eingesammelt und an obdachlose Menschen verteilt. Außerdem geht Hauck mit ihrem Konzept „Yesternday“ noch einen Schritt weiter. In der eigens dafür eingerichteten Filiale in Frankfurt-Bockenheim verkauft Hauck ausschließlich Backwaren vom Vortag, die sonst im Müll landen würden. Dies schont nicht nur Ressourcen, sondern der Erlös kommt auch gemeinnützigen Projekten zugute.
Auch Der Bäcker Eifler, eine alteingesessene Frankfurter Traditionsbäckerei, nimmt ihre gesellschaftliche Verantwortung ernst. In den Filialen in Bornheim und im Hauptbahnhof können Kunden kurz vor Ladenschluss Backwaren zum halben Preis erwerben. Übriggebliebenes Brot und Gebäck wird über Foodsharing-Kanäle weiterverteilt.
Wie Geschäftsführerin Petra Eifler betont, möchte das Familienunternehmen, das bereits seit 1906 besteht, nichts verschwenden: „Als Bäcker liegt es uns am Herzen, dass unsere Produkte auch wirklich konsumiert werden.“
Andere Bäckereien wie das Café Hauptwache nutzen Too Good To Go, um Brot und Gebäck kurz vor Ladenschluss günstig an Selbstabholer zu verkaufen. Solche Kooperationen zwischen Handel und Foodsharing-Initiativen haben großes Potenzial, die Lebensmittelverschwendung spürbar zu reduzieren.
Herausforderungen und Lösungsansätze
Trotz der vielfältigen Aktivitäten rund um die Lebensmittelrettung in Frankfurt bestehen weiterhin große Herausforderungen. Kritiker wie die Foodsharing-Vorsitzende Lisa Villioth bemängeln, dass das System nach wie vor auf Überproduktion und Verschwendung ausgelegt sei.
Um das Problem an der Wurzel zu packen, fordern Experten gesetzliche Regelungen wie in Frankreich. Dort sind Supermärkte ab einer bestimmten Verkaufsfläche dazu verpflichtet, noch genießbare Lebensmittel zu spenden oder preiswert abzugeben. Auch eine flächendeckende Aufklärung der Verbraucher zum richtigen Umgang mit Lebensmitteln ist entscheidend. Dafür setzt sich die Stadt Frankfurt gemeinsam mit neun anderen deutschen Städten in der Initiative „Städte gegen Food Waste“ ein.
Fazit und Ausblick
Die Lebensmittelverschwendung in Deutschland erreicht Ausmaße, die ökologisch und moralisch nicht länger tragbar sind. Sowohl staatliche Regelungen als auch ein gesellschaftliches Umdenken sind nötig, um das Problem in den Griff zu bekommen.
Die Menschen in Frankfurt haben verstanden: Lebensmittel sind viel zu wertvoll, um sie achtlos wegzuwerfen. Zahlreiche Akteure setzen sich mit großem Engagement für die Rettung und gerechte Verteilung von überschüssigen Lebensmitteln ein.
Diese Initiativen gilt es politisch und gesellschaftlich weiter zu unterstützen. Nur durch einen Schulterschluss von Handel, Gastronomie und Verbrauchern kann es gelingen, der Lebensmittelverschwendung in Frankfurt den Kampf anzusagen.
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